Forschung
Die Forschungsinitiative geht grundsätzlich davon aus, dass die Entwicklung des Menschen immer mehr von Technologisierungsprozessen beeinflusst wird. Dies ist sowohl im Hinblick auf die physisch-körperliche Existenz des Menschen als auch in Bezug auf strukturell-systemische Bezüge von Gesellschaft und ihren Ordnungen zu verstehen. Mensch und Technologie lassen sich insofern nicht mehr isoliert voneinander betrachten, vielmehr müssen Zukunftsprozesse als stete Wechselwirkung zwischen den (noch) menschengemachten Technologien und ihren Manifestationen im menschlichen Alltag beschrieben werden. Dabei gilt es, eine Vielzahl von Praktiken, Phänomenen und Interaktionen zu erfassen. Ziel der interdisziplinär ausgerichteten Projekte ist es, autonome Systeme im Spannungsfeld von menschlichem Körpern, sozialen und politischen Umwelten sowie übergeordneten Systemen auszudifferenzieren und in ihren jeweiligen Kontextes zu detaillieren und zu systematisieren.
Das skizzierte Spannungsfeld zwischen Technologie und Mensch wird dann besonders greifbar, wenn es so scheint, also ob Technologien auf grundlegende menschliche Eigenschaften, Bedürfnisse, Ordnungen oder Existenzgrundlagen zugreifen, diese als menschliche Attribute in Frage stellen oder mit ihnen in Konkurrenz treten. All dies, so die These der Projektgruppe, ist in dem Moment der Fall, in dem Maschinen bzw. Technologien ‚Autonomie‘ zugesprochen wird. Rollen und Funktionen autonomer Systeme manifestieren sich teilweise punktuell-disruptiv, zumeist jedoch in größeren Zeitläufen und in Form immer komplexerer Prozesse, die in menschlichen Alltagspraxen oft nicht mehr differenzierbar oder erfahrbar sind und so zu krisenhaftem Geschehen führen, das Werte und Normen ganzer Gesellschaften in Frage stellt.
Die Debatten um ‚Autonomie‘ können somit als Symptom einer tiefgreifenden Umstellung der Verhältnisse zwischen Technologie, Medien, Kultur und Gesellschaft gewertet werden. Die Einführung der genannten Technologien sorgt gegenwärtig für Möglichkeitsüberschüsse, auf welche die Gesellschaft in Gestalt neuer kultureller Praktiken reagiert. Wer diskutieren will, wie die Autonomie der Technik sich zur menschlichen Autonomie verhält, muss auch handlungspraktische Konsequenzen einbeziehen. Als Zuschreibung von Moralität, Verantwortung usw. ist die Selbstbestimmungsfähigkeit oder -funktion als solche nicht problemlos auf technische Systeme anwendbar. Dies ist keine Frage der empirischen Performanz solcher Systeme, sondern basiert auf den Modi der Zuschreibungen, die für die Anerkennung von Gegenübern als moralischen Personen notwendig sind.